Projekt Singapur 2023:

internationale, herausragende Bildung für nachhaltige Entwicklung

Das Projekt der Physikusse im Rahmen der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (kurz BNE) fördert und fordert eine ganzheitliche Bildung, die sowohl Lerninhalte, als auch die Lernumgebung berücksichtigt. So entwickeln die Projektteilnehmer im asiatischen Stadtstaat Singapur unter besonderer Berücksichtigung religiöser und kultureller Werte einen internationalen Blick, der es ihnen ermöglicht, sich als Weltbürger zu fühlen und adäquat zu verhalten. Das Projekt bietet außerdem die einmalige Möglichkeit, hochaktuelle, naturwissenschaftliche Forschung an den besten Universitäten der Welt kennen zu lernen.

„Dabei zu sein, vor Ort zu sein, das ist enorm wichtig in der asiatischen Kultur. Die physische Anwesenheit zählt, selbst wenn man überhaupt nicht sprechen würde – aber man ist dort, trifft die anderen auf Augenhöhe. Das ist wichtig in Asien.“

Dr. Vannarith Chheang, Politikanalyst Nanyang Technological University, Singapur

Im Centre for Quantum Technologies (CQT) betreiben Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen Grundlagenforschung zur Quantentheorie und konstruieren Geräte, die auf Quantenphänomenen basieren. Das CQT wird von der National University of Singapore (NUS) unterhalten, hat aber auch Mitarbeiter an der Nanyang Technological University (NTU). Die Physikusse besuchen zunächst Christian Kurtsiefer an der NUS und erhalten dort faszinierende Einsichten in die Quantenkommunikation und Sicherheitsaspekte. Die Einblicke in technische High-End-Labore und die Arbeit in einem internationalen Forscherteam sind ein eindrucksvolles Erlebnis. Daneben ist genug Zeit, um beim Mittagessen oder Kaffee über dies und jenes zu erzählen.

In der NTU besuchen wir Rainer Dumke und seine Mitarbeiter vom CQT, mit dem wir bereits seit einigen Jahren zusammen arbeiten. Nach einem kurzen Vortrag besichtigen wir diverse Labore. Schnell wird uns klar, dass die Menschheit weit davon entfernt ist, einen Quantencomputer auf dem heimischen Schreibtisch zu nutzen. Das System ist so unendlich komplex und alleine die für den Betrieb essentielle Kühlung schon ein Phänomen für sich.  Nach dem wir uns durch einen Rätselparcour gearbeitet haben erhalten alle einen Qubit (Zweizustandsquantensystem) auf einer kleinen Trägerplatte. Ein Qubit ist die kleinstmögliche Speichereinheit, ähnlich dem Bit bei normalen Computern. Es ist nicht mit bloßem Auge zu erkennen und nicht annähernd nutzbar, aber ein außergewöhnliches Andenken an das Centre for Quantum Technologies.

Um die Bildung vielfältig zu gestalten besuchen die Projektteilnehmer neben den üblichen singapurischen Sehenswürdigkeiten das Kandang Kerbau Women’s and Children’s Hospital. Es ist das größte öffentliche Krankenhaus, spezialisiert auf Geburtshilfe, Gynäkologie, Neonatologie und Pädiatrie. Hier wird ein großer Teil der Singapurer geboren. Von 1966 an stand das KK für einige Jahre im Guinness-Buch der Rekorde für die meisten Neugeborenen in einer einzigen Entbindungseinrichtung. Eingeladen hat uns Matthias Maiwald, Mikrobiologie am KK und Professor am Department of Microbiology der National University (NUS). Mit ihm besichtigen wir eine Kinderstation, deren offene Bauweise auf uns befremdlich wirkt, aber äußerst praktisch ist. Der Einblick in die sonst unzugänglichen, ausgedehnten Labore ist sehr außergewöhnlich und nur durch engagierte Projektpartner wie Herrn Maiwald möglich geworden.

Die Projektteilnehmer besuchen außerdem zum ersten Mal die postsekundäre Bildungseinrichtung Temasek Polytechnic, eine Mischung aus technischem Gymnasium und Fachhochschule. Hier werden  junge Menschen zwischen 17 und 20 Jahre in angewandten Wissenschaften, Jura, Design, Wirtschaft Ingenieurswesen, Informatik und Sozialwissenschaften ausgebildet. Des Weiteren werden Kurse in der Erwachsenenbildung und Kooperationskurse mit der freien Wirtschaft angeboten. Kee Wee NG, Director des Engineering Cluster, schleust uns geschickt durch diverse naturwissenschaftliche Institute. Vom Healthcare Engineering Centre bis zum Robot Innovation Centre – immer stehen kompetente, nette Wissenschaftler parat, die uns einen Einblick in ihre aktuelle Arbeit geben. Im Integrative Built Environment Centre (IBEC) entdecken die Projektteilnehmer gläserne Rolltreppen und zerlegbare  Personenaufzüge, an denen Studierende lernen können. Angetan waren alle insbesondere von den raffinierten Oberlichtern, die Sonnenlicht von außen bündeln und so den Raum erleuchten – ganz ohne künstliche Energie. Ein lehrreicher Besuch in der Temasek Polytechnic, die wir gerne in zukünftige Kooperationen einbeziehen werden.

Neben der Wissenschaft erkunden die Physikusse den Alltag in dem kleinen Stadtstaat. Von Natur, Kunst und Kultur bis Kommerz bietet sich durch Besuch der unzähligen Tempel der verschiedenen Religionen und der bis auf eisige Temperaturen heruntergekühlten Malls viel Gesprächsstoff. Die Physikusse probieren in den Foodcourts die diversen exotischen Küchen – von indisch über malaiisch, chinesisch bis japanisch – und oft auch einen wilder Mischmasch aus allem. Die Schüler lernen, sich in dieser pluralistischen und multikulturellen Gesellschaft zurecht zu finden, über soziale Differenzen hinaus zu agieren, sowie mit Unterschieden und Gegensätzen umzugehen.

Erschreckend ist die Erkenntnis, wie verwundbar der hochentwickelte Stadtstaat durch die Coronapandemie ist. Singapur ist einer der wichtigsten Finanz- und Handelsplätze Asiens. Die weltweite Wirtschaftskrise und die coronabedingte Einigelung auf dem eigenen, sehr kleinen Territorium führte zur Inflation und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, die nicht zu übersehen ist.

Zwar besuchen Reisende Singapur meist als Transitland, dennoch zählt der Stadtstaat mit mehr als elf Millionen ausländischen Touristen im Jahr zu den zehn meistbesuchten Städten der Welt. Aktuell sind nur ca. 30% der vorherigen, meist chinesischen Touristen im Land. Die Auswirkungen sind massiv. Ein Beispiel ist die kultige „Fressmeile“ Smith Street in Chinatown, die frühere Projektteilnehmer geliebt und ausgiebig genossen haben. Das stets dichte Gedränge hungriger Menschen zwischen den originellen Restaurants und duftenden Imbissbuden war sehenswert. Bis auf zwei, drei wenig besuchte Restaurants ist die Straße heute wie leer gefegt. Fast hätten wir sie übersehen. Ein Sprecher teilte den Medien einmal mit, der Betrieb könne nicht fortgesetzt werden, weil es „keine Touristen oder Einheimischen“ gebe und die Mieter ihre Miete nicht zahlen können.

Wir stellen immer wieder fest: Das Projekt Singapur ist nicht nur Abenteuerurlaub, Bildungsreise, Sprachkurs – es ist die außergewöhnliche Chance, die Kultur eines anderen Landes und gleichzeitig aktuelle universitäre Forschung kennen zu lernen. Eine einmalige Erfahrung!

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